18.8.02 – Frank Inn, der den Filmhund Lassie trainierte, ist 86-jährig gestorben

Frank Inn, der den Filmhund Lassie trainierte, ist 86-jährig gestorben
Wie Franz von Assisi den Vögeln predigte, sprach Frank Inn zu seinen Tieren. Das Licht, das er ihnen brachte, stammte allerdings von den Scheinwerfern auf dem Filmset.

«Er hatte eine fast telepathische Kommunikationsgabe im Umgang mit Tieren», erzählt seine Tochter, «und konnte sie allein mit Worten veranlassen, Dinge zu tun; unheimlich.»

Ein Prediger war sein Vater gewesen, Quäkerpastor und Florist. Sohn Frank, geboren 1916 in Camby, Indiana, zog allerdings aus, weil er es müde war, dem Vater ewig bei den Kirchendiensten zu helfen, nahm Gelegenheitsarbeiten an, fuhr Lastwagen und war auch einmal Zirkusclown. Auf einer Farm wurde er gefeuert, weil er den Ackergäulen half, sich niederzulegen und auszuruhen.

In den dreissiger Jahren erlebte er seine Auferstehung. Ein Auto krachte in ihn. Mit Totenschein wurde sein Körper in ein Beerdigungsinstitut überführt. Angehende Totengräber, die eben einen Kurs in Einbalsamierung antraten, nahmen an der Leiche auf dem Schragen ein Zucken wahr. So erhielt Inn ein zweites Leben.

Im Rollstuhl entdeckte er sein Talent. Während der langen Heilungszeit erhielt er einen Hund, den er Jeep nannte. Eines Tage kippte der Rollstuhl und begrub Jeep unter sich, der Hund bellte jämmerlich. Beide lernten voneinander. Inn brachte Jeep dazu, das nächste Mal zu bellen, bevor ihn das Unglück traf, wenn der Stuhl in Schräglage geriet. Später genügte eine Handbewegung, und der Hund gab an. Da war es schon ein Spiel.

Immer noch rekonvaleszent, erhielt Frank Inn einen Job bei der Filmgesellschaft MGM, wo er Zigarettenkippen aufwischte. Eines Tages sah er einen Tiertrainer sich mit einem Hund abmühen. Der Vierbeiner sollte eine Treppe hochgehen, ins Schlafzimmer treten, aufs Bett springen, unter die Decke kriechen und bellend den Kopf hervorstrecken, wozu der Trainer ein Wurststück unter der Bettdecke versteckte. Doch der Hund zerfetzte bloss die Decke, wo er die Delikatesse roch. Frank anerbot sich, die Szene mit einem anderen Hund zu vollbringen. Mit einem Spielball lockte er Jeep die Treppe hoch und gab ihm zu verstehen, dass der Ball unter der Decke sei. Als der Hund auf der andern Seite den Kopf herausstreckte, genügte die alte Handbewegung, Jeep bellte. Die Szene war im Kasten.

So begann Frank Inns Karriere. Die Gebrüder Weatherwax, bekannte Tiertrainer, nahmen ihn unter Vertrag. Er sah sie mit dem Hund Toto arbeiten für den Film «The Wizard of Oz». Anfang der vierziger Jahre half er mit, Lassie zu trainieren.

Eigentlich hiess der Collie Pal. Im Film wurde er zur Hundedame Lassie. Und eigentlich war es ein Männchen. Für seinen Filmauftritt trug Pal einen künstlichen Pelz, der verdeckte, was nicht in Erscheinung treten sollte. Frank Inn muss ihm erklärt haben, um was es ging, und begleitete ihn auch hin und wieder auf dem Set. Der da in einem der Lassie-Filme mit dem Hund im Arm von der Brücke sprang, war in Wirklichkeit Trainer Inn, nicht der Star Peter Lawford. «Training braucht nur gesunden Menschenverstand», erklärte Inn und fügte hinzu: «Den haben nur wenige Leute.» Tieren traute er einen solchen zu.

Zu seinem grössten Star machte Inn, mittlerweile Inhaber einer eigenen Tieragentur, den Hund Benji. Er hatte ihn auf einer Station für obdachlose Tiere abgeholt. In einer TV-Serie wartete Benji jede Woche mit einem neuen Kunststück auf. Nie schaute er dabei zum Trainer am Rande des Sets, er war ganz im Spiel. Die kuschelige Strassenmischung wurde zum Publikumsliebling. Davon profitierten unzählige Findeltiere. Die Tierschutzorganisation AHA, die Frank Inns Stars etliche Male mit dem Tier-Oscar, dem «Patsy Award», auszeichnete, verkündete, dass dank Benji wohl mehr als eine Million Hunde in den USA adoptiert worden seien.

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere besass Frank Inn eine Menagerie von gut 1000 Tieren: Hunde, Katzen, Farmtiere und Dschungelbewohner. Er lieferte alles, was ein Studio bestellen konnte, vom Singvogel bis zum Skunk. Und wenn er es nicht hatte, improvisierte er: Sein Stier schaute genau aus wie der benötigte Präriebüffel, nachdem ihm seine Trainer ein entsprechendes Make-up verpasst hatten.

Gemäss dem Naturgesetz, dass Mensch und Tier im Verkehr untereinander sich ähnlicher werden, mutierte Inn selber zum Kuscheltier, glich mit seinen zeitweise 180 Kilo dem Bär aus dem «Dschungelbuch», gutmütig wie Balu, der dem Lehrling Mogli verkündete: «Probier’s mal mit Gemütlichkeit.» Inn warf sein Geld auf, um kranken Leuten einen Begleithund zu verschaffen, oder finanzierte einen Van, damit alte Leute sich zum Gottesdienst in ihre Kirche fahren lassen konnten. Gelegentlich schrieb er Gedichte, unter anderem stellte er darin die Frage, ob wohl auch Jesus einen Hund gehabt habe.

Benji wurde von der Tierschutzorganisation AHA in die «Ehrenhalle der Schauspielertiere» aufgenommen. Seine Asche, so verfügte Inn, solle mit seinen eigenen Überresten begraben werden.